Nachdem ich am vergangenen Wochenende nach knapp 17 Stunden (auf schwer und fast nur Geist) den Abspann von Dishonored sehen durfte, wage ich hier ein kurzes Fazit.
Dishonored besticht durch seine ganz eigene Atmosphäre, die neben dem uniken Grafiksetting auch von der Story und den glaubwürdigen Charakteren mitgetragen wird. Natürlich ist der Grafikstil eigen, und sofern einem dieser z.B. nicht düster genug ist oder einfach nicht gefällt, wird man mit dem Game wahrscheinlich nicht recht warm werden.
Dabei versucht Dishonored ganz bewußt eigene Wege im stealth-orientierten FPS-Genre einzuschlagen. Im Vordergrund stehen vor allem Handlungsfreiheit und diverse alternative Lösungswege. Schade ist allerdings, dass man auf die Alternativen meist mit dem Holzhammer hingewiesen wird, und die meiste Zeit hatte ich beim Spielen das Gefühl, dass ich genau das mache, was die Entwickler von mir wollen. Ich hatte kaum das Gefühl, clever in der Zielerfüllung zu sein. Zu simpel und auffällig waren die angebotenen optionalen Wege. Fast musste ich mich schämen, wenn ich mal 'kurzfristig' aus Ladefaulheit jemanden Killen musste, weil doch der Weg zum verborgenen Vorgehen bereits so gameplay-kompatibel vom Spiel angeboten wurde.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen die speziellen Fähigkeiten, die man im Lauf des Spiels erwerben und weiter verbessern kann. Auch hier sind nette Möglichkeiten und Gimmicks dabei - alle sind aber überflüssig. Natürlich erleichtert einem z.B. die Teleportation das Leben, aber: Will ich mich wirklich über meine Feinde hinwegteleportieren? Fühlt sich das gut an, wenn man sich an den 'schwierigen Stellen' in Sicherheit beamt? Nicht wirklich. Natürlich muss ich die Super-Fähigkeiten nicht nutzen, aber wenn es einem das Spiel schon so anbietet, wird es schwierig davon keinen Gebrauch zu machen. Und das ist - zumindest für mich - ein großes Problem: Die Freiheiten im Gameplay und in den Lösungswegen sind so umfänglich, dass das Game viel zu leicht wird, sofern man sich nicht selbst bestimmte Restriktionen und Ziele (z.B. niedrigstes Chaoslevel, keine Toten, Geist, usw...) vorgibt. Mir sind Challenges, die von den Möglichkeiten des Gameplays her gesetzt werden, etwas lieber. Aber das ist natürlich Geschmackssache, und es ist zugegebenermaßen etwas schizo von mir, auf der einen Seite Handlungsfreiheit zu bejubeln, und zum anderen dagegen zu stänkern. Letztendlich ist es die Dosis, in der die einzelnen Features zum Tragen kommen, und die mir hier etwas zu hoch ausfällt...
Es mag meinen nostalgischen Erinnerungen an Thief 1/2 zuzuschreiben sein, aber gegen die dichte und düstere Atmosphäre und die Herausforderung dieser beiden Klassiker-Titel konnte Dishonored zumindest bei mir nicht anstinken. Damals bei Thief 2 habe ich echt geschwitzt. Dishonored war dagegen eher ein Snack. Der hat dafür auch sehr gut geschmeckt. Aber dennoch: Ein Leichtgewicht.
Letztendlich ist Dishonored eine gute Spiele-Erfahrung. Hut ab vor allem vor dem Mut, sich etwas wegzubewegen vom üblichen Stealth-FPS-Einheitsbrei. Für mich zwar kein GOTY 2012, dennoch würdig und empfehlenswert. 4,5 Sterne.
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